Gesellschaftlich werden unsere hauptsächlich gelebten/gepflegten Beziehungsformen nicht wirklich hinterfragt, laut mir wird ein wenig Komsmetik betrieben. Es ist für mich verständlich warum die alten Beziehungsformen sich nur zaghaft verändern, da die letzten Generationen Überlebenssysteme waren und diese noch immer fest verankert in in unseren Zellen gespeichert sind. Der folgende Artikel unterstützt die eigene Standortbestimmung, in welchen Beziehungsmuster bewege ich mich momentan. Ich finde dies hilfreich, da wenn ich weis wo ich stehe, kann ich gezielter den nächsten anstehenden Schritt setzen.

Quelle des fogenden Artikels: Zegg Forum – Artikel von Wilfried Nelles „Männer, Frauen & die Liebe“

Unser kollektives Bewusstsein in Sachen Liebe und Beziehung befindet sich noch weithin auf der zweiten, der kindlichen Bewusstseinsstufe. Es stellt die Werte und die Bedingungen von Zugehörigkeit und Sicherheit in den Vordergrund. Liebe und Beziehung sind gebunden an sexuelle Treue, Monogamie und Verlässlichkeit. Wir suchen das, was wir in unserer Kindheit vermisst haben, bei unserem Partner. Das Leitbild der einen großen Liebe, die ein Leben lang dauert, der einen festen Beziehung, der man treu bleibt, gilt nach wie vor. Das Wissen darum, dass diese Idee dem Menschen nicht entspricht und daher praktisch nicht lebbar ist, hat lediglich dazu geführt, dass inzwischen „Fehltritte“ weithin toleriert werden.

Vier Stufen zur reifen Liebe

Stufe 1 – Embryo

Liebe als Identifikation/Symbiose, unpersönliches Mitschwingen, Sex als natürlicher Trieb, .. da das eigene Überleben vom Überleben der Umwelt (Mutter) nicht zu trennen ist, gibt es auch keine wirklichen eigenen Bedürfnisse. Für die, die sich im Mutterleib zurücknehmen mussten, wird Liebe sehr viel mit Anpassung zu tun haben und die Sensibilität für das, was der Partner braucht ist groß. Suche nach Symbiose, nach Einheit; oft große Unsicherheit oder Angst vor nahen Beziehungen, da die Erfahrung existiert, dass diese Einheit sehr gefährdet und unsicher war. Es gibt keine wirklichen eigenen Bedürfnisse. Sexualität ist hier ein natürlicher, notwendiger, unpersönlicher und zugleich unbewusster Akt zum Überleben; ein kollektiver Gattungstrieb. Natürlich kann die Beziehung die Sehnsucht nach Einheit nicht erfüllen. Die Ent-täuschung dieser Einheitsillusion ist daher ein wichtiger Reifungsschritt in der Beziehung.

Stufe 2 – Kind

unsere kulturelle Stufe Liebe ist in erster Linie Loyalität, Sex als eheliche Pflicht, Beziehung als Sicherheit, Geborgenheit, Zugehörigkeit (Mutter/Partner)
Das Grundthema der kindlichen Liebe ist Sicherheit und Geborgenheit und zwar materiell wie emotional. Die erste Beziehung in unserem Leben – zur Mutter. Das prägt alle Liebesbeziehungen. Alle Gefühle, die in intimen Begegnungen auftauchen, alle Hoffnungen, alle Sehnsüchte, alle Ängste und alle unmittelbaren Emotionen sind zunächst Wiederholungen dieser ersten Beziehung. Am Anfang steht die Trennung aus der Einheit mit der Mutter als Säugling. Um sich beziehen zu können, muss man die Idee der Einheit, der dauernden Vereinigung des „Du bist mein Ein- und-Alles“, aufgeben bzw durchschauen als Erinnerung an etwas, das vorbei ist. Es ist für den Säugling eine Katastrophe, wenn die Mutter nicht da ist, oder er nur das Gefühl hat, sie sei nicht da. Nur ihre Anwesenheit, und zwar körperlich, emotional und geistig, gibt dem Säugling die Sicherheit, dass er geborgen ist, am richtigen Platz ist, dass er nicht in einer völlig fremden, unbekannten Welt verloren ist. Dafür sind Kinder bedingungslos loyal zu ihren Eltern. Anfangs ist das Kind noch durch die Symbiose mit der Mutter geprägt und weiß noch nicht, dass er ohne sie überleben kann. Jetzt muss der Säugling seine Bedürfnisse äußern. Wenn er schreit und es kommt niemand, bildet sich vielleicht der erste Glaubenssatz: Mich hört ja eh keiner. Als Erwachsener muss ich erkennen, dass das nicht mehr stimmt. Er bewahrheitet sich dennoch immer wieder, da ich mich schon so verhalte. (ebenso Tendenz zu Resignation, zum ängstlichen und misstrauischen Rückzug, weil die Mutter nicht sofort kam) Und da die Sexualität ein unsicherer, anarchischer Trieb ist, wird sie zum Feind erklärt oder bestenfalls in eng definierten Grenzen (Ehe) als legitim angesehen. Liebe und Sexualität müssen in eine feste Form gepresst werden, damit die Gemeinschaft relativ stabil bleibt. Die Grundlage der Ehe ist lange nicht so etwas Flüchtiges wie Liebe, sondern ein stabiles materielles Fundament (Sicherheit) basierend auf der Rechtlosigkeit der Frau. Erst seit etwa einem Jahrhundert ist die Basis der Ehe die romantische Liebe geworden. Im Zweifelsfall werden beide, wird aber vor allem die Liebe, der Sicherheit geopfert. Diese als „Wahre Liebe“ angesehene Beziehungsform ist Moral und Ideal, die meisten Religionen fordern sie, sie ist in Gesetze gegossen. Es gibt keine natürliche Ordnung für die Liebe zwischen Erwachsenen. Wir verinnerlichen nur eine äußerliche Moral. Hier entstehen unsere Urbilder für Nähe, Intimität, Beziehung. Das Grundthema ist Sicherheit und Geborgenheit (materiell wie emotional). Hier ist bedingungslose Loyalität zu Hause! Wichtig ist die gelungene emontionale Bindung (ich weiß, dass ich angenommen bin, geliebt und in Sicherheit) an die Mutter!

Die Liebe und Sexualität sind hier persönlich → Ursprung von Beziehung! Das Persönliche ist ein großer Fortschritt, die Falle ist Sexualität als primitiv abzuwerten, denn sie ist die Voraussetzung für die intime Beziehung, so wie sie ist. Es entsteht die Möglichkeit zu tiefer Liebe, eines Gebens und Nehmens, das den anderen ganz wahrnimmt. Das Festhalten an der Person und den Ansprüchen kann die Liebe erstarren lassen. Es mischt sich mit der kindlichen Angst, die Mutter zu verlieren. In der Beziehung suche ich auch Sicherheit, Geborgenheit und Zugehörigkeit. Liebe heißt, ich werde gehört und gesehen, ich werde gehalten, ich kann mich fallen lassen und vertrauen, dass jemand da ist, wenn ich ihn brauche, und dass ich nicht verlassen werde. Dafür werde ich alles tun und dann wird es auch so bleiben. Beziehung ist dazu da, dass man versorgt und sicher ist. Habe ich diese Liebe als Kind vermisst, werde ich mich nicht einlassen können. Unterbewusst werde ich mich zurückhalten, weil das Kind in mir diesen Schmerz, der ihm damals tödlich erschien, nicht noch einmal erleben will. Habe ich als Kind Geborgenheit erfahren, wird mir die Liebe nicht so gefährlich erscheinen. Die Frage entsteht, ob die Liebe nicht nur eine kindliche Illusion ist. Das führt zur nächsten Stufe:

Stufe 3 – Jugend

Liebe als Selbsterfahrung, Sex als Urgewalt des Lebens, Beziehung als Selbstverwirklichung
In der jugendlichen Liebe ist das Kindliche immer noch mit dabei, da wir uns noch nicht wirklich von der Mutter und der übrigen Familie getrennt haben. Damit diese Trennung gelingen kann, muss zuerst die ursprüngliche Bindung an die Mutter anerkannt und innerlich vollzogen werden. Ich muss bewusst ja gesagt haben: Ja, Mama, du bist meine Mutter und ich bin dein Kind, ich stimme dir zu, so wie du bist, von dir nehme ich mein Leben gern. Meist haben wir aber nur halb ja gesagt, und deshalb können wir auch nicht richtig nein sagen, uns nicht ebenso liebevoll wie entschieden trennen. Stufe 3 erscheint als eine eher nüchterne, desillulionierende Realität unseres Liebes- und Sexuallebens und die Stufe 2 als das schöne aber leider oft verfehlte Ideal. Das Kind schaute noch zu den Eltern, der Jugendliche schaut von ihnen weg in seine eigene Zukunft. Das ist die Zeit der Initiation. Es ist eine Zeit, in der man eine neue Welt erkundet. Lockruf des Unbekannten, als Abenteuer, Risiko, Entdeckung. In der Begegnung mit dem anderen Geschlecht begegnet man auch einem weitgehend unbekannten Wesen in sich selbst. Hier gibt es keine Sicherheit. Es gibt viel Egoismus, aber der ist die Folge eines unreifen Ich, das im Kampf mit dem Wir, dem Kollektiv und seinem Herrschaftsanspruch über das Individuum verstrickt ist. Dieses Ich ist ein trotziges oder hochmütiges oder selbstverliebtes. Die Liebe sieht hier zunächst einmal sich selbst. Sie wird zwar duch den anderen entflammt, sieht ihn aber nicht wirklich. Sie sieht im anderen nur das, was sie sehen will. Der Partner ist dazu da sich selbst zu spüren, zu entdecken, zu verwirklichen. Die Beziehung ist dazu da, dass man glücklich ist. Wenn der Partner sich in jemanden anderen verliebt oder eine sexuelle Affäre hat – es gibt keine Beziehung in Stufe 3, in der das nicht passiert! – steht der alte Drache Eifersucht da und speit Feuer, Gift und Galle, obwohl man eingentlich weiß, dass man keinen Besitzanspruch auf den anderen und dessen Liebe hat. Der in der Eifersucht verborgene Schmerz erscheint übermächtig und man selbst hilflos, verloren, ungeschützt wie ein Kind, das seine Mutter verloren hat. Wir haben uns noch nicht wirklich von Stufe 2, v.a. den Vorstellungen, alten Formen und inneren Bildern getrennt, wir begehren nur dagegen auf. Es gibt in der modernen Gesellschaft praktisch noch keine Formen, in denen eine neue Art von Beziehung und Familie lebbar wäre. Die Form – Ehe und Kleinfamilie – ist immer noch die alte, die für Menschen mit anderen Erwartungen und Ansprüchen entstanden ist. Der moderne Mensch will alles, und zwar sofort und für immer. Das ist nicht falsch, es ist so unreif, wie die Jugend, aber es ist auch so notwendig wie sie. Beziehung soll glücklich machen, erfüllend sein uns unsere Lebendigkeit spüren lassen und unsere Lust befriedigen. Diese Ansprüche als Illusion zu durchschauen heißt also nicht, dass man wieder in die alte Zweierbeziehung zurückgehen könnte. Es heißt nur, dass wir all dies nicht von unserem Partner erwarten können, sondern es uns selbst geben müssen, die Liebe, die Lust, das Glück in uns selbst finden und bejahen und entsprechend leben müssen. Das schließt eine tiefe Paarbeziehung durchaus ein, muss aber über die ausschließliche Fixierung auf den Partner hinausführen. Auf den Stufen 2 und 3 verstehen wir Liebe als Beziehung. All diese Liebesobjekte lösen in uns etwas aus, nämlich eine Öffnung des Herzens. Diese Öffnung ist aber immer mit der Beziehung verbunden, immer an den anderen gebunden. Und sie verlangt vom anderen immer etwas. Wir vollenden die Jugend und die dritte Stufe der Liebe, wenn wir den Mut haben, uns von der Mutter zu trennen und nein zu sagen. „Ich bin gerne dein Sohn, aber ich bin auch ein Mann, und meine Männlichkeit gehört nur mir, da lasse ich dich nicht dran.“ Oder: „Ich bin gerne deine Tochter, und ich bin eine Frau wie du, aber meine Sexualität gehört nur mir, sie ist nicht die deine.“ Wenn das mit Liebe uns Klarheit zugleich ausgesprochen ist und im Innersten gefühlt wird, bleibt man der Mutter zwar verbunden, ist aber zugleich allein – und zum ersten Mal erwachsen.

Stufe 4 – Erwachsen

Liebe des Herzens: Liebe als Begegnung, Sex als Austausch, Beziehung als Freundschaft
Auf der vierten Stufe kommt die Liebe sozusagen in ihr Haus, kommt sie nach Hause. Liebe ist nichts anderes als ein offenes Herz, und zwar eines ohne jede Bedingung. Damit geschieht jedoch etwas Merkwürdiges und Überraschendes: Die Liebe wird (wieder) entpersonalisiert; der Prozess der zunehmenden Personalisierung der Liebe von Stufe 1 zu Stufe 3 kehrt sich um. Bleiben wir im Herzen, wenn der Mensch den wir lieben, sich in jemand anders verliebt? Oder sich nur sehr für eine andere Frau, einen anderen Mann interessiert? Mit ihm oder ihr schläft oder auch nur den Wunsch hat, es zu tun? Bleiben wir in der Liebe, wenn unser Partner in einer Sache, die uns wichtig ist, eine ganz andere Meinung hat oder sich ganz anders verhält, als wir es für richtig halten? Bleibst du in der Liebe, wenn du Lust auf Sex hast und er/sie nicht? Bleibst du in der Liebe und im Herzen, wenn der andere plötzlich einen anderen Lebensweg einschlägt als bisher, wenn ihm etwas anderes wichtig wird? Oder wenn du selbst einen neuen Weg einschlägst und der andere dich nicht versteht und deine neue Begeisterung nicht teilen kann? „Fremdgehen dürfen“ setzt in der Seele einen Wachstumsprozess voraus. Das gelingt nur, wenn wir, egal was geschieht, in der Liebe bleiben; wenn wir, egal was geschieht, unser Herz offen halten, oder wenn wir zumindest immer wieder dorthin zurückkehren, wenn wir uns denn doch einmal abgewandt und verschlossen haben. Es gibt für jeden von uns tausend Gründe, dem Geliebten die Liebe zu entziehen, und unser Herz verschließt sich mitunter schneller, als wir denken können, ganz unabhängig von unserem Wollen und unseren Vorsätzen. Das nicht steuerbare „In-die-Liebe-Fallen“ und wieder „Aus-ihr-Herausfallen“ – ist völlig normal. Hauptsache man findet wieder zum Herzen zurück. Wieder und wieder und wieder.
Das ist es, was eine Liebesbeziehung mit uns macht und uns abverlangt: Sie lässt uns aus der Liebe herausfallen und ruft uns wieder und wieder und wieder zurück. Genau dadurch reift und wächst die Liebe – und sie verändert sich. Die Liebe des Herzens ist keine Beziehung, sie ist ein Zustand. Wenn die Liebe aber nach Hause kommt, dann begegnet sie ihrer eigentlichen Quelle. Dann ist die Quelle nicht mehr außerhalb von mir, beim anderen oder bei der Beziehung, sondern sie ist in mir, in meinem Herzen. Wenn die Liebe in meinem Herzen ist und sich dort richtig niedergelassen hat, dann braucht sie den anderen nicht mehr so sehr, dann ist er nicht mehr meine Voraussetzung dafür, dass ich lieben kann. Das In-der-Liebe-Sein beinhaltet natürlich auch, dass man sich selbst annimmt und liebt, wie man ist, ebenso wie es beinhaltet, dass man die anderen leibt, wie sie sind. Dies ist die natürliche Folge davon, dass man in seinem Herzen einkehrt. Sich lieben heißt also auch, seine Sexualität lieben, seine Männlichkeit oder seine Weiblichkeit lieben. Dann können wir der Sexualität aber nicht mehr befehlen, wie und mit wem sie zu sein hat, wir müssen ihr vielmehr ihre Eigenständigkeit lassen. Aber müssen ist hier nicht mehr das richtige Wort – wir werden es gern tun, auch wenn uns dies Unannehmlichkeiten bescheren mag. Wir werden lernen, ihr zu vertrauen, indem wir uns ihr und der Liebe anvertrauen. Dieses Ich-Du (Buber) ist aber erst auf der vierten Bewusstseinsstufe möglich, denn vorher gibt es noch kein klares Ich und auch kein klares Du. Das erwachsen gewordene Ich ist ein demütiges. Erst auf Stufe 4 sehen wir den anderen wirklich und spüren uns selbst wirklich. Für eine solche Liebe und Beziehung haben wir, gesellschaftlich-kulturell noch keine Formen entwickelt, vor allem keine, die die Zweierbeziehung, die Elternschaft und einen guten Platz für die Kinder organisch miteinbeziehen. Es dürfte in Richtung offener, flexibler kommunitärer Lebensgemeinschaften gehen, aber mehr als gute Ideen und ein paar Experimente gibt es dazu bisher nicht. Es kann sie auch nicht geben, weil es noch viel zu wenige gibt, deren Bewusstsein die vierte Stufe nicht nur gelegentlich erfahren hat, sondern dort wirklich angekommen ist. Auf jeder Stufe gibt es eine eigene Form von Gemeinschaft, Eifersucht, Liebe, Sexualität…

Alleinsein

Wenn du in Kontakt mit deinem Alleinsein bist, bist du in Kontakt mit deiner Wirklichkeit. Und wenn du in Kontakt mit deiner Wirklichkeit bist, bist du auch in Kontakt mit der Wirklichkeit. Du bist mitten im Leben. Und dann hast du dort auch einen Platz und kannst in Kontakt mit allen anderen sein. Dein Alleinsein bleibt eine Tatsache, aber du wirst dich nicht mehr einsam fühlen. Solange du dein Alleinsein aber nicht sehen und nicht nehmen willst, bist du von deiner eigenen Wirklichkeit abgeschnitten und damit auch von der Wirklichkeit überhaupt. Dann fühlst du dich verloren. Die Lösung ist, sich seinem Alleinsein zu stellen und es anzunehmen. Auch eine Beziehung hebt die Tatsache des Alleinseins nicht auf. Wir werden allein geboren und wir sterben allein. Im Inneren sind wir allein. Der Wunsch, der Partner oder die Beziehung möge einem dieses Alleinsein nehmen und ersetzen, ist natürlich, das Festhalten daran ist gefährlich. Aus dem Einverständnis mit diesem Alleinsein heraus können wir dem Partner frei begegnen und zugleich unserer Bindung an ihn zustimmen. Bindung setzt das Alleinsein voraus – nur zwei Einzelne können sich binden. Wenn ich einen Menschen liebe, und dieser Liebe treu bin, bin ich frei. Ich bin ja einverstanden mit dem, was ist; einverstanden mit dem anderen, wie er oder sie ist, und einverstanden mit meiner Liebe. Ich brauche dann noch nicht einmal seine Liebe. Die beiderseitige Liebe ist vielleicht notwendig, damit eine Beziehung Bestand haben kann, aber wenn nur einer liebt, ist er trotzdem frei. Er bleibt dies auch, wenn der andere die Liebe nicht erwidert. Liebe heißt Zustimmung zur Wirklichkeit, so wie sie ist; Zustimmung zu einem Menschen, so wie er ist; und auch: Zustimmung zu mir, so wie ich bin. Wenn ich nichts anderes brauche, bin ich frei. Diese Freiheit ist auch nicht Unabhängigkeit, sondern beinhaltet die Anerkennung der wechselseitigen Abhängigkeit, die Anerkennung unseres Angewiesenseins auf andere. Wir haben große Angst, uns ganz der Liebe zu überlassen, weil wir fürchten, dann ganz hilflos, ausgeliefert und abhängig zu sein. Das ist aber nicht der Fall. Ich stelle keine Forderungen auf, wie Liebe zu sein hat. Ich beschreibe nur, wie sie ist, wenn man sich ganz darauf einlässt. Sie nimmt uns dann nämlich keine Freiheit, sondern schenkt uns diese erst ganz. Wenn unsere Liebe nicht mehr abhängig ist davon, was der andere tut, sind wir ihm in dieser Liebe zwar tief verbunden, aber wir sind alles andere als unfrei. Tatsächlich weitet sich die Liebe dann sogar über den Geliebten aus auf andere. Je mehr ich mich im Einzelfall in die Liebe ergebe, um so liebender werde ich. Und je liebender ich werde, umso weniger kann ich die Liebe auf einzelne begrenzen, umso umfassender wird sie. Das hat auch Auswirkungen auf die Beziehung. Denn damit vertieft sie sich nicht nur, sondern sie wird zugleich freier. Je bedingungsloser die Liebe, umso geringer die gegenseitige Abhängigkeit. Je liebevoller die Verbindung, umso geringer der Bann. Die Beziehung wird damit loser, sie kann sein, kann aber auch nicht sein. So führt das Sich-Einlassen am Ende zur Freiheit.

Ich freue mich bis demnächst liebe Grüße Eduard